Lieber Leser, die Texte sind eine Sammlung von Reisetagebuch, Briefen und anderen Aufzeichnungen. Die Abfolge ist in der Regel chronologisch und wird noch immer von Zeit zu Zeit überarbeitet. Die Erinnerung an die Reise ist noch sehr lebendig und vieles an Erlebtem ist noch nicht niedergeschrieben worden.
03-1990 04-1990 05-1990 06-1990 07-1990 08-1990 09-1990 10-1990 11-1990
Einführung Technik Entfernungen Nachsatz Sinos Spanien Reisetagebuch
R A D R E I S E
1 9 9 0
S P A N I E N
F R A N K R E I C H
1. April Sonntag
Bis 13.30 Uhr in Maials. Landschaftlich ansprechende Gegend. Gegenwind und
Steigungen. In Maials gut gegessen. Nachmittags Regen. Gefällstrecke bis nach
Flix am Ebro. Bis kurz vor Ascó gefahren. Sino will zum kacken Windel ausziehen
und vors Zelt. Ab Fraga/Maials milderes Klima. Bis 30.03. ca. 65.000 Pesetas
ausgegeben.
2. April Montag
Nachts Regen. Ascó hat nuclear center. Links am Ebro nach Mora la Nova. In
Ginestra Waschpause. Alte Häuser mit verblassten Fresken. Straße wird neu
gebaut, deshalb z.T. Pisten. Landschaft schön. Gebirgig bis hinter Rasquera. Auf
Terrassenanlage mit Olivenbäumen gezeltet.
3. April Dienstag
Nachts sehr starker Wind. Besonders unangenehm in engen Bergeinschnitten, aber
häufig von hinten. Zwischen Benifallet und Tivenys steile Abfahrt in weite
Ebrotal. In Tortosa wollte sie für Absteige Fonda 1800 Pesetas ...mas caro.
Weiter bis Amposta und bis Camping Mediterano am Meer. Noch 18 bis 20 km von
Amposta entfernt. Im Dunkeln angekommen.
4. April. Mittwoch
Probleme mit Magen besonders Elke. Campingplatz sehr schön. Ornithologen aus
Bremen angekommen. Abends in Els Muntells eingekauft. Viel Bewölkt. Nachts
Regen, sonst angenehme 25 ° Mittags. Nachts ca. 11° Celsius.
5. April Donnerstag
Nachmittags Richtung Salinas / Parc National. Die Landschaft ist etwas eintönig.
Wenig Wildnis. Sino ist der Liebling von Mädchen einer Jugendgruppe. Bisher ca.
650 Kilometer gefahren.
6. April Freitag
Nachmittags in San Jaume. Dicker Platzregen. Zurück auf Campingplatz ist unser
Zelt aufgebrochen. Die Essenstasche und Elke’s Lenkertasche sind gestohlen
worden. Niederländisches Geld vor dem Zelt gefunden, bin sehr wütend. Abends
sehr schönes Gewitter über dem Delta. Sino hat nachts hohes Fieber, 39.7°
Celsius.
7. April Samstag
Mittags in San Jaume bei der Guardia Civil. Hektischer aber letztlich
freundlicher Polizist nimmt das Protokoll auf. Sehr schönes Wetter. Campingplatz
füllt sich . Montag ist Feiertag. Semana Santa oder so in der Osterzeit.
8. April Sonntag
Nachmittags am Strand. Tischwein am Abend schmeckt nicht . Cerveza mit Chips
sind besser.
9. April Montag
Bei starke Gegenwind mittags nach Amposta, Filme abgeben. Bis Geschäftsöffnung
die Stadt angesehen. Macht etwas runtergekommenen Eindruck. Thermotasche für
2400 Pesetas gekauft und in Els Muntells eingekauft.
10. April Dienstag
In San Jaume gegessen für je 900 Pesetas. In Café - Bar Brief angefangen. Sino
verlegte Kugelschreiber und machte mich schlecht gelaunt. Versuch neuen
Kugelschreiber zu kaufen scheiterte, gibt es nicht, nicht in schwarz. Sino, Elke
und Jörg sitzen in San Jaume in einer Café - Bar und trinken Café con Leche,
außer Sino. Alle essen süßen Kuchen und Elke und Sino überlegen was sie nach
vier Wochen Spanien in einen Brief an Alle schreiben können. Der erste Versuch
beginnt folgendermaßen. "Zunächst der Gesamteindruck von Spanien, erlebt als Rad
fahrende Touristen. Der ist überwiegend viel schlechter als erwartet. Spontan
würde ich sagen, das Beste an Spanien ist die Touristenreklame. Aber man wird
leicht ungerecht." Das ist Jörgs Anfang. Bei Elke liest sich der Anfang so. "Das
Schreiben musste leider erst einmal unterbrochen werden, weil Sino Jörg's
Kugelschreiber verloren hatte. Dies meinten wir jedenfalls. Nach langem Suchen,
die Leute aus der Bar halfen tüchtig mit, fand Jörg ihn in seiner Tasche. Sino
hatte ihn dort hingelegt. Doch nun weiter mit den Eindrücken. Leider drücken sie
wirklich manchmal, da wir einige unangenehme Erlebnisse hatten. Zunächst hatten
wir einige Schwierigkeiten uns einen angenehmen Reiserhythmus anzueignen.
Anzuhalten wenn es uns gefällt oder wir keine Lust mehr haben oder auch einfach
müde sind. Auch jetzt müssen wir uns häufiger sagen, 'wir haben viel Zeit'." Der
Brief wurde nicht zu Ende geschrieben, es blieb beim Anfang, der nicht
abgeschickt wurde. Der erste Brief ist am 15. April fertig.
11. April Mittwoch
Allein nach Amposta, Fotos abgeholt für 2400 Pesetas. Nachmittags Spaziergang am
Strand und in Feriendorf. Sonnig aber noch sehr windig. Spanischer Reis pappt,
aber macht sehr satt.
12. April Donnerstag
in Spanien nachmittags Geschäfte geschlossen. Noch in San Jaume eingekauft. Mit
Fähre nach La Cava gefahren. Am Fähranleger gegessen. Dünner Salat und noch
dünnere Tortilla. Fährmann wechselt zum Anlegen seine Fahrkabine. Fähre
zusammengeschweißte Plattformen. Preis Hin- und Rückfahrt 100 Pesetas.
Campingplatz total dicht, ganz andere Atmosphäre wie in den Tagen davor.
13. April Freitag
Wetter bedeckt aber relativ windstill. Nachmittags am Strand. Strand verwandelt
sich in Schnellstraße. Auf Camping viele Leute mit Rädern, MTB's. Abends und
Nachts Regen.
14. April Samstag
Vormittags Sturm, wir bei Gegenwind nach San Jaume. Einkaufen. Um 14 Uhr Bar
total voll, alles Männer. Ein Höllenlärm. Abends am Strand ein farbenprächtiges,
plastisches Licht. 30000 Pesetas in San Jaume von Bank geholt.
15. April Sonntag
Ruhiger Tag mit viel Wind vom Land. Spaziergang am Meer bis Kanal. Schönes
Licht. Abends in Restaurant Mediterani Blau, Bier und Calamaris für 750 Pesetas.
Ebro Delta bei Sonne und Ostwind sehr schön. Tolles Panorama mit Bergkulisse.
Delta wird intensiv landwirtschaftlich genutzt. Camping sehr schön, versifft
jedoch nach einem Wochenende komplett.
1. Brief
15. April 1990
Playa Eucalyptus - Ebro Delta
Sechs Wochen sind wir inzwischen in Spanien. Gefahren sind wir ca. 650 Kilometer. In Barcelona angekommen morgens gegen 9.30 Uhr. Also 24 Stunden nachdem wir aus Oldenburg am 07.03.1990 losgefahren sind. Unsere Reiseroute seitdem: Barcelona, Sitges, El Vendrell, Valls, Reus, Cambrills (südlich von Tarragona), durch die Berge nach Mora D'Ebre am Ebro, Gandesa, Alcañiz, Belchite, Fuentetodos (Geburtsort von Goya), Zarragoza, Bujaraloz, Fraga, Ascó (Nuklearzentrum), Mora la Nova, Tortosa, Amposta und nach weiteren ca. 18 Kilometern ist der Reisende am Playa Eucalyptus und kann seine Füße im Mittelmeer baden.
Was gibt es Interessantes zu berichten nach sechs Wochen, und inklusive Nebenstrecke fast 700 Kilometern Fahrradfahren...? Alles Mögliche. Fangen wir mit dem Wetter an. Höchste gemessene Temperatur im Schatten ca. 30° bis 35° Celsius, das war am Nachmittag. Die tiefste Temperatur registrierten wir gegen sieben Uhr morgens, minus vier Grad. Ansonsten viel Sonne, wenn es regnet meistens Abends oder Nachts. Was für uns sehr wichtig ist, der Wind. ich hätte nie gedacht, dass es so viele unangenehme, andauernde Winde geben kann. In Zaragoza tagelang und sehr kalt den Ebro hinunter. Im Ebro Delta, flach wie eine Tischplatte, aus wechselnden Richtungen. meistens staubgeladen von den Ackerflächen, die im Wechsel bepflanzt, gepflügt oder staubfein gemahlen werden. Unser Zelt hält bisher den Winden stand. Etwas windschiefer als zu Beginn der Reise, ansonsten scheint es robust zu sein. Fürs Radfahren ist der Wind viel unangenehmer als alle landschaftlichen oder straßenbaulichen Tücken. Zum einen hätte er uns schon um ein Haar von der Straße gepustet, zum anderen geht tagelanger Gegen- und Seitenwind an die Psyche. Der Radfahrer ist im Gegensatz zum Autofahrer eindeutig der Schwächere.
Wollt ihr wissen wie wir wohnen? Die meiste Zeit im Zelt. In Alcañiz hatten wir für drei Nächte ein Hotelzimmer, pro Nacht 30 DM inklusive durchhängenden Betten und unfreundlicher Hotelbesitzerin. Regte sich furchtbar über das Wäschewaschen im Zimmer auf. In Tortosa wollte frau für eine Absteige ebenfalls 30 DM. Seitdem stehen wir endgültig auf zelten, oder vielleicht ergibt sich die Gelegenheit ein preiswertes Appartement zu mieten. Am liebsten zelte ich unterwegs im freien Gelände. Dort finden wir die schönsten Plätze und das umsonst. Wenn wir am Wegesrand unser Zelt aufgeschlagen haben, hatten wir bisher noch am meisten Gelegenheit einen Smalltalk übers Wetter mit einem Spanier zu halten. Zu viel mehr reicht unser Spanisch auch nicht. Und da wären wir schon beim heikelsten Thema unserer Reise. Spanien und die Spanier/innen. Wir sind ja in der Absicht hergekommen Land und Leute kennen zu lernen. Das mit dem Land klappt ganz gut. Das erfahren wir uns im wörtlichsten Sinn. Nur die Leute sind ein Problem. Hätte man mich in den letzten Wochen gefragt, was ich von den Spaniern halte, ich hätte gesagt, Spanier/innen sind engstirnige Gaffer, die am liebsten im Muff ihrer Geschichte, oder dem Müll der Gegenwart leben.
(Elke) Das klingt ganz schön hart. Aber Jörg ist enttäuscht nicht auf Großzügigkeit zustoßen. In Zaragoza holte der Campingwart die Polizei, da wir die Campinggebühren zu hoch fanden (weder der Supermarkt war offen noch das Restaurante, außerdem gab es nur eine warme Dusche, alle anderen waren abgestellt). Auf diesem Campingplatz sind zwar die Gebühren in Ordnung, dafür haben sie mir die Lenkertasche geklaut, und die Essenstasche ebenfalls. Zwar nichts wertvolles, jedoch hier nicht wieder zu beschaffen. Zwischen Zaragoza und Fraga wurden wir von der Guardia Civil angehalten. Sie erklärten uns, dass der Kindertransport im Fahrradanhänger gefährlich sei und in Spanien verboten. Ein Witz wenn man sich die Fahrradkindersitze hier ansieht. Hinzu kommt das uns die Leute häufiger zwar ihre Aufmerksamkeit schenken, jedoch mehr die als wären wir verrückt.
Fortsetzung folgt...
16. April Montag
Ruhiger Tag mit Reisevorbereitungen. Waschen und Packen. Viele Spanier sind oder
fahren ab. Nachmittags leerer Platz. Abends am Meer und im Restaurant trockene
Bocadillos.
17. April Dienstag
Um 13.30 Uhr Abfahrt. An Reisfeldern und Oasendorf vorbei, zügig bis Sant Carles
de la Rapida. Stadtbummel. Bei geschäftstüchtiger steinalter Bäckerin Brot
gekauft. Abends kurz vor Benicarlo vor Artischokenfeld mit Meeresblick gezeltet.
18. April Mittwoch
Morgens Gespräch mit Bäuerin, schenkte uns Artischocken. Mittags Benicarlo.
Fotokopien gemacht und Kaffee getrunken. Abstecher nach Peniscola, alles
Touristenburgen. Viel Gegenwind. Pause in Santa Magdalena de Polpis. Sehr
schöner Ort. kurz vor Alcala de Xivert gezeltet. Blick auf eine alte Burg.
19. April Donnerstag
Früh nach Alcala de Xivert zum Wäsche waschen. Die N-340 ist gut zu fahren.
Viele Lkws und tote Hunde. In Orpesa am Strand. Artischocken gekocht. Beliebte
Surfecke. Ab Benicassim alles Tourismus. Hinter Benicassim rechts der N-340 bei
verfallenem Haus unter alten Olivenbäumen gezeltet. Nachts starker Wind.
20. April Freitag
Sonnig aber kalt. Bis El Grau de Castillo Apartments und Villen. Hinter Hafen in
Ebene Orangenplantagen und tote Hunde. In Borriana bei kinderfreundlichen
Restaurantbesitzer gegessen. Schlecht gelaunt. Essen gut und nicht teuer. Ab
Nules bis Almenara auf N-340. Mit Mutti telefoniert, zu teuer. Auf Picknickhügel
gezeltet.
21. April Samstag
Nachts Dauerregen. Morgens sonnig und schönes Panorama nach Sagunto rüber. Alles
Orangenbäume. Neugierige alte Männer. Einer fragte mich beim Wäsche waschen aus
und erzählte gleich alles weiter. Nachmittags in Sagunto. Römisches Theater
besucht. Altstadt mit historischem, quietschendem Pflaster. Elke Geld geholt.
Abends in Port de Sagunto. Breiter Strand und Industrie. Mit viel Problemen
hinter Pucol in Obstplantage gezeltet. Schon fast dunkel.
22. April Sonntag
Ca. 13 Uhr bei kaltem Wind auf N-340 nach Valencia. Feiertag mit viel Knallerei.
Innenstadt von Valencia alt und schön. Gespräch mit US- Seemann. Abends nach El
Saler. Vorher in Vorort von Valencia Wäsche waschen. Wasserstelle beliebter Ort
für Fixer. Camping los Pinos auf 1000 Pesetas runtergehandelt. Spanische
Campings viel zu teuer. Preise ab Erwachsene 250 Pesetas, Kinder 200 Pesetas,
Zelt 250 Pesetas, Räder 200 Pesetas und teurer. So kommt man leicht auf 20 DM
pro Tag.
23. April Montag
Immer noch Feiertag. Ganz Valencia ist an der Küste. Zwischen El Saler und El
Parrellonet Dünen mit Kiefernwäldern. Dann Hotels, Apartmentburgen. Kurz vor
Cullera am Hügel mit Orangen, Schilf, viel Wildnis gezeltet. Eule flog dicht am
Zelt vorbei. La Albufera nicht sehr beeindruckend.
24. April Dienstag
Mittags in Cullera. Stierkampf in Straßen der Stadt. Autofahrer nehmen keine
Rücksicht auf Fußgängerampel. Küste bis Gandia ist flacher Agrarstreifen,
gesäumt von Hotelburgen am Wasser. In Xerco gibt es schlechtes Essen. Elke’s
Pollo ist kalt und halb roh. Ab Gandia nur noch Ort an Ort und Orangen, Orangen.
Hinter Rafelcofer an stiller Autobahn übernachtet.
25. April Mittwoch
Morgens ist Elke krank, Schüttelfrost und mehr. In Villalonga de la Safor
treffen wir Schweden. Sven heißt er, bietet uns sein Apartment für zwei Tage an.
Wir verbringen tatsächlich die Nacht in der Wohnung.
26. April Donnerstag
Im Apartment bewohnt außer uns ein Mann ein Zimmer. Er ist nur Nachts zum
schlafen da. Eine typisch spanische Hygienesau. Sino bekommt neue Schuhe, blaues
Leder, für 4500 Pesetas. Ansonsten einkaufen, gucken und zweimal versucht
Angelika anzurufen.
27. April Freitag
Löse Check über 25000 Pesetas ein. Tags ist es hier immer bewölkt aber trocken.
In der Nacht hörten wir verhinderten spanischen Opernsänger auf der Straße. Vier
Briefe abgeschickt. Bei der Post gab es nicht genug Briefmarken, die kauft man
in tabacos.
28. April Samstag
Vom Schweden verabschiedet. Weg nach Lorcha schwer zu finden. Hinter Ortsausgang
Richtung Chimesta links am Fluss entlang. Hinter Restaurant steile Anhöhe hinauf
geschoben. Hinter Steinbruch in mal calle und dann durch ein wunderschönes Tal
nach Lorcha. Ein kurzer, ein langer, und zwei mittlere Tunnels sind zu
passieren. Die Schotterstrecke, ein altes Gleisbett, führt unter anderem an
einem gewaltigen Wasserfall vorbei. Der Rio Serpis ist zum Teil Parc natural. In
Lorcha über dem alten Bahnhof eine alte Burg aus dem zwölften Jahrhundert. Leute
nach Campingmöglichkeiten gefragt, dann ins Café nach Lorcha. Von dort von Jaime
abgeholt. Er bot und Übernachtung in seinem Haus an. mit Elena, Marina und Jaime
sehr netten Abend verbracht.
29. April Sonntag
Morgens Stippelregen. Wir bleiben bis Mittag und verabschieden uns dann von den
Dreien. Sino schenkt Marina Holzbilderbuch. Es ist sehr schwül. Elkes Vorderrad
hat zwei Löcher. Es regnet, wir fahren bis Beniarres auf der alten Bahnlinie. In
der Bar People gibt es gutes Essen, Tapas. Bei Alcosser in Wassergraben Wäsche
gewaschen. Neben altem Bahndamm, Unterführung gezeltet. Vorher am Fluss
Obstbauern gesprochen, netter alter Mann. Nachts starker Regen.
Montag 30.04.90
Morgens Regen, Regen. Wir frühstücken im Zelt. Ich ziehe schnell meine Regenjacke über, gehe zum Bugger und nehme die Essenstasche heraus. Im Zelt ist es ein wenig eng wenn das Frühstück ausgebreitet ist. Das Wichtigste in solchen Momenten ist ein friedlicher Sino der nicht durch das Essen krabbeln will. Wir kochen einen Tee. Kaffee ist durch das Fehlen eines Kaffeefilters immer mit viel Abwasch verbunden. Wir geben den Kaffee lose in den Wasserkessel und gießen das Wasser oben auf. Der Wasserkessel bleibt solange auf dem Kocher bis der Kaffee schaumig aufkocht. Dann wird es auch höchste Zeit den Kessel vom Spirituskocher zunehmen. Wenn der Kaffee doch am Überkochen ist, müssen wir auch noch den Spirituskocher abwaschen. Wo bleibt dann das Wasser für unsere Abend oder Morgenwäsche?
Von unserem Zeltausgang aus haben wir einen Überblick über das Tal mit den zwei Häusern. Das Haus neben der alten Bahnlinie nur wenige Meter vom Tunnel entfernt sieht überwiegend unbewohnt aus. Es wirkt wie ein großes etwas heruntergekommenes Feriendomizil. Spanische Familien tendieren eher zu großen Ferienunterkünften, die sich die Familien teilen. Die kleinen individualistischen Ferienhütten der Norddeutschen Ferienküste sind die Ausnahmen. Schräg gegenüber dem vermeintlichen Ferienhaus liegt das andere Gebäude, einander durch die Straße getrennt. Beide Häuser haben viel Grundstück. Bei dem ersten Haus ist das Gelände terrassenförmig angelegt, ein Schwimmbecken oder etwas ähnliches können wir beobachten. Gestern Abend hörten wir Schafe, vielmehr das Läuten von Glocken die die Schafe tragen. Durch das dichte Unterholz am Hang konnten wir nur wenig sehen. Zahlreiche Olivenbäume versperrten zusätzlich die Sicht den Hang hinauf. Nach dem Frühstück fingen die obligatorischen Arbeiten an. Sino wird umgezogen.
Das Frühstücksgeschirr muss abgewaschen werden. In regenfreien Momenten werden die Schlafsäcke und die Isomatten in die Gepäcktaschen gestopft. Die beim Verpacken frei werdenden Kräfte zerren schon unter normalen Bedingungen an den Rädern. Jetzt müssen wir feststellen das unser Zeltplatz auf dicken Kleieboden steht der bei dem anhaltendem Regen in eine Matschlandschaft verwandelt wird. Jede Bewegung an den Rädern bringt diese aus ihrem festen Stand. Die Fahrradständer bohren sich in den Boden und finden dennoch keinen Halt. Mit etwas Glück finden wir eine Unterlage die den Ständern Halt gibt. Sino ist solange an das Zelt gefesselt. Freiwillig bleiben will er nicht im Zelt. Er will wissen was draußen vor sich geht. So sind Elke und ich im fliegenden Wechsel damit beschäftigt, Sino von der Schlammlandschaft fernzuhalten. Mit den vollbepackten Rädern merken wir erst richtig, wie abgelegen der Platz ist. Und vor allen Dingen welche Anhöhe wir am Abend zu vor hochgeschoben waren. Jetzt heißt es den ganzen Weg in umgekehrter Richtung überwinden, um auf die feste Asphaltstraße zu gelangen. An Bremsen ist nicht zu denken während wir die Fahrräder den Hang hinunterbegleiten. Wir sind froh die Räder stabil zu halten und nicht gemeinsam mit ihnen in den Matsch zu fallen. Mit leicht gesteuertem Schwung bewegen wir uns auf der Schmierseife am sichersten den Hang hinunter. Der schwere Kleieboden wickelt sich wie Teig um die Laufräder. Zwischen den Schutzblechen, den Bremsen und den Rollendynamos kleben die dicken Klumpen. Die Schleifgeräusche während der Fahrt sind das eine Ärgernis, ein Anderes ist der feine Regen. Bei Temperaturen um 18° c wissen wir nicht ob wir die Regenhosen aus oder anziehen sollen. Bei den ersten Steigungen kommen wir fürchterlich mit den Regenhosen ins Schwitzen. Bei Agres werden die Räder von Matsch gereinigt. Wir stellen uns einfach am Straßenrand neben eine tiefe Pfütze und waschen die dicksten Matschklumpen ab. Die Schutzbleche liegen teilweise so dicht über dem Pneu, das schon ein kleines festgeklemmtes Steinchen nervige Quitschgeräusche von sich gibt. Agres mit seinem dicht am Berg gebauten Kloster hängt halb in den Regenwolken. Bei Sonnenschein ein einladender Ort. Aber es regnet und regnet. Schöne grüne Landschaft mit tiefhängenden Wolken ist unser Eindruck an diesem Vormittag. Eine Landschaft die seit Lorcha mit ihrer satten Vegetation, ihren vielen Frühlingsblumen in bezaubernden Farben, eine angenehme Erinnerung bei uns hinterlässt. Dafür muss es auch mal Regnen dürfen. In Alfafarah Pause. Kurz vor dem Ortskern suchen wir in der linker Hand liegenden Bar Zuflucht vor der Nässe. Die Bar ist eine alte Dorfkneipe, an einem der Tische lassen wir uns nieder, ziehen die nassen Jacken, Hosen und Strümpfe aus und bestellen zu Essen und zu Trinken. Cafe con leche für Elke und mich, für Sino eine warme Milch. Zu Essen bestellen ich mir Blanko y Negro, wie sich herausstellt eine helle und eine dunkle gebratene Wurst zwischen zwei Brothälften. Ansonsten gibt es Bacadillos und für Sino haben die Wirtsleute einen zuckersüßen und furchtbar klebrigen Lutscher. Nach wenigen Minuten ist Sino an Händen und im Gesicht völlig verklebt. Die Wirtsleute sind zum Schluss sehr freundlich, insbesondere die Frau. Sie wollte Sino für ein paar Tage dabehalten. Sie wollen noch wissen wo wir langfahren werden. Einer der Gäste rät uns von der Strecke über Ontinyent ab. Die Straße sei zu schwierig zu fahren. Wir sollten besser links abbiegen und dann ab Villena die Straße nach Albacete fahren. Wir befolgen den Rat und biegen an der C 3316 links ab Richtung Villena. Bocairent versteckt sich mit seinem hübschen Stadtpanorama im Dunst. Auf einem Hügel liegt die Ansammluhng in einander verschachtelter Häuser, rechts neben dem Ort liegt ein zweiter Hügel mit einer alten Festung. Wie ein Paar ungleicher Brüder liegen die beiden Hügel nebeneinander. Vereint vom Nebel der die ganze Scene in Stille taucht. Regen, Regen, wir halten neben einer Raststätte und versuchen uns ein letztes Mal zu trocknen, nachdem uns der immer stärker werdende Regen völlig eingeweicht hat. Die dicken Socken, die die Füße warm halten sind ein zweites Mal tropfnass. Was können wir auf Dauer während dieser Zwangspause machen? Nachdem zweiten Kaffee ist der Durst gestillt und warm wird uns auch nicht. Wir beschließen im Regen weiter zu fahren und unser Zelt am nächsten Besten Platz auf zubauen. In Beneixama kauft Elke in einem kleinem Supermarkt ein. Ich warte solange bei den Rädern und dem schlafenden Sino. Beim Abfahren einer kleinen Seitenstraße stoßen wir auf einen weiten offenen Platz. Kinder spielen dort und wir können ein gut erhaltenes Francodenkmal bewundern. Es hat nicht den Anschein als ob sich der alte Gaudillo vor der Öffentlichkeit verstecken müsste. Mitten auf dem Platz steht er und blickt von seinem gepflegten Sockel auf seine Landeskinder. Ca. 10 Kilometer vor Villena biegen wir von der Hauptstraße ab und versuchen in der Nähe eines Bauerngehöfts einen regengeschützten Platz für unser Zelt zu ergattern. Sobald wir uns dem Hof nähern tauchen aus den überraschensten Verstecken angekettete Hofhunde auf und kläffen uns wild an. Solche Nachbarn sind uns dann doch zu gefährlich. Einige hundert Meter entfernt finden wir neben einem Gehölz einen ebenen Platz der fast völlig vor dem Regen geschützt ist. Schnell bauen wir das Zelt neben dem kleinen Wäldchen und hängen die viele nasse Wäsche zwischen den Bäumen auf. Der Platz wird auf der, der Straße zu gewandten Seite von einem Bewässerungsgraben gegrenzt. Eine betonierte Wasserstufe scheint uns der ideale Platz zum Waschen und zum Spülen zu sei. Sino balanciert liebend gern auf dem Rand des Bewässerungsgrabens entlang. Weil ich am Geschirr abwaschen bin, regen mich seine waghalsigen Balancierversuche, am Rande des durch den Regen schnell fließenden Wassers ziemlich auf. Mit einem Auge sehe ich nach Sino mit dem Anderen versuche ich zu kontrollieren ob unser Geschirr noch vollständig ist, oder ob Teile schon von der Strömung fortgerissen wurden. In der Situation rutscht Sino tatsächlich ab und taucht halb in den Graben ein. Mit einem schnellen Griff pack ich ihn an der Regenjacke und ziehe ihn an Land. Ich bin selber überrascht wie kräftig die Strömung an dem dicken Baby gezerrt hat. Das Ganze hat nur einen kurzen Augenblick gedauert. Seine Regenkleidung hat das meiste Wasser von Sino abgehalten, so muss nur die ohnehin häufiger nasse Hose umgezogen werden.
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